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Büroalltag
Trotz Krankheit im Home Office arbeiten: Von Arbeitgebern und Ärzten befürwortet

Trotz Krankheit im Home Office arbeiten: Von Arbeitgebern und Ärzten befürwortet

Maja Hansen | 15.02.18

Schweizer Arbeitgeber und Ärzte plädieren für Home Office im Krankheitsfall. Ist das Arbeiten von zuhause eine realistische Option, wenn man krank ist?

Eine aktuelle Diskussion in der Schweiz spaltet die Geister. Arbeitgeber und Ärzte propagieren das Arbeiten im Home Office trotz Krankschreibung. Ist das rechtlich überhaupt in Ordnung und hindert das Angestellte nicht daran, sich auszukurieren? Gewerkschaften sehen diese Überlegung deshalb als problematisch. Trotz intuitiver Ablehnung birgt arbeiten im Home Office trotz Krankschreibung einige Vorteile.

Arbeiten, obwohl man krank ist? Auf gar keinen Fall!

Mit Fieber und verschriebenem Antibiotikum zuhause vor den Laptop setzen und arbeiten, obwohl du eigentlich ins Bett gehörst? Das klingt nach keiner guten Idee. Generell gilt: Wer krank ist, ist krank. Dass Arbeitgeber und sogar Ärzte in der Schweiz nun dafür plädieren, dass Angestellte bei einer Krankheit im Home Office ihre Arbeitszeit füllen sollen, klingt zunächst bedenklich. Schließlich ist man nicht umsonst krankgeschrieben und arbeiten hilft gewiss nicht bei der Genesung. Bei einer Grippe oder anderen Infekten sollte man sich ausruhen, viel schlafen und keine Gedanken an die Arbeit verschwenden.

Auch die Gewerkschaft Angestellte Schweiz macht mit einem klaren Nein ihre Haltung gegenüber der aktuellen Diskussion deutlich. Hansjörg Schmid, der Sprecher der Gewerkschaft, gibt zu verstehen:

Wir sind komplett dagegen. Wenn man krank ist, ist man krank.

Zudem betont er, dass der Druck in der aktuellen Arbeitswelt durch viele Faktoren wie zum Beispiel der ständigen Erreichbarkeit sowieso zunehme. Wenn durch die Idee der Arbeitgeber und Ärzte nun zusätzlich noch eine Haltung entstünde, dass Arbeitnehmer trotz Krankheit einsatzfähig seien, bekämen wir ein Problem. Schmid betrachtet das Arbeiten im Home Office nur dann als eine Option, wenn Angestellte kein Fieber hätten, aber die Kollegen nicht mit ihrer Erkältung anstecken wollen.

Ist es rechtlich ok, krank im Home Office zu arbeiten?

Juristisch betrachtet kann dein Chef nicht von dir verlangen, dass du krank von zuhause aus arbeitest. Denn eine Krankschreibung soll ja gerade den Zweck haben, dich von der Arbeit zu befreien, sodass du dich wieder erholen kannst. Die Kolumnistin Isabell Prophet hebt zusätzlich hervor, dass das heute geltende Recht von anderen Generationen erkämpft werden musste. Denn Arbeitnehmer wurden bei zu langer Krankheit entlassen und Lohnfortzahlung oder Krankengeld gehörten utopischen Vorstellungen an. Allerdings stimmt das Gerücht nicht, dass man bei einer Krankschreibung nicht arbeiten darf. Nur wenn der Gesundheitszustand des Angestellten im Wege stehe, dürfe die Arbeit nicht ausgeführt werden.

Trotz Krankschreibung im Home Office zu arbeiten, birgt Vorteile

Dass Angestellte bei einer Erkältung oder Fieber nicht ins Büro gehören, ist auch für die Befürworter des Home Office trotz Krankschreibung klar. Denn die gewünschte Leistung lässt nach und der Erkrankte stecke zusätzlich noch andere Mitarbeiter an. Allerdings sind Ärzte und Arbeitgeber nicht der Meinung, dass Angestellte bei jeder Erkrankung sofort und strikt in das Bett müssten.

Der Arbeitsmediziner Claude Sidler hält das Arbeiten im Home Office trotz Krankheit für eine gute Option, sofern es vom Arbeitgeber ermöglicht werden kann. Dabei plädiert er für ein reduziertes Arbeitspensum im Home Office als Zwischenlösung. Seine Patienten, die sich unfähig fühlen würden im Büro ihrer Tätigkeit nachzugehen und dementsprechend ein Attest benötigten, seien meist immer noch in der Lage, reduziert von zuhause aus zu arbeiten. Der schweizer Arbeitsmediziner betont:

Die Arbeitgeber nutzen die Möglichkeit viel zu wenig aus, Angestellten, die sich nicht 100 Prozent fit fühlen, eine sogenannte angepasste Tätigkeit vorzuschlagen.

Eine angepasste Tätigkeit im Home Office bei einem Krankheitsfall ist also das, was aktuell debattiert wird. Auch der Schweizerische Arbeitgeberverband sieht eindeutige Vorteile in dieser Überlegung. Ein reduziertes Home Office bei ansteckenden Krankheiten hält das Geschäftsleitungsmitglied Fredy Greuter durchaus für sinnvoll. Dabei ist es aus wirtschaftlichen Gründen immer noch wichtig, erkrankte Mitarbeiter von der Arbeit abzuhalten, aber auch Alternativen zur Büroarbeit zu entwickeln.

Auch Jean-François Rime, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands, sowie der SVP-Nationalrat unterstützen die Arbeit im Home Office im Krankheitsfall. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen würde das einen großen Vorteil darstellen, denn in KMUs ist es nicht so leicht Ersatz zu finden wie zum Beispiel bei großen Firmen.

Gibt es Vorteile für die Arbeitnehmer?

Die Befürworter der Debatte sehen wirtschaftliche Vorteile, wenn Arbeitnehmer im Krankheitsfall von zuhause aus arbeiten. Doch gibt es auch Vorteile für die Angestellten?

Wenn man krank ist, kann sich ein schlechtes Gewissen in die Gedanken einschleichen. Aus Angst seine Kollegen hängen oder Kunden warten zu lassen, kann es passieren, dass wir uns voreilig wieder ins Büro bugsieren und uns, obwohl wir noch nicht richtig fit sind, wieder in die Arbeit stürzen. Noch nicht richtig von dem Infekt erholt, verschleppen wir die Krankheit und liegen nächste Woche dann wieder ausgeknockt im Bett.

Und da könnte auch der Vorteil der Arbeit im Home Office trotz Krankschreibung für Arbeitnehmer liegen. Wer sich für einigermaßen fit hält, sich aber noch nicht für den Arbeitsweg gewappnet fühlt, kann in dem Maß, in dem es einem gut tut, von zuhause aus arbeiten. So stecken sich die Kollegen nicht an, man kann trotzdem mit einem reduziertem Pensum seiner Arbeit nachgehen und dem Weg zur Arbeit ausweichen. Isabel Prophet schlägt vor:

Wer sich besser auskuriert, der wird auch nicht so schnell wieder krank. Wenn das in fünf Tagen reduzierter Heimarbeit besser möglich ist, als mit zwei Tagen Krankschreibung und dann drei Tagen Quälerei im Büro, dann sollten wir das viel öfter machen. Das ist gut für den Menschen und gut für die Firma.

Die Problematik, dass auch in Deutschland Arbeitnehmer trotz Krankheit zur Arbeit gehen, zeigt die Erhebung von YouGov im letzten Jahr auf. Über zwei Drittel schleppen sich immer oder häufig erkältet und teilweise mit Fieber ins Büro, vor allem um Kollegen zu entlasten. Durch diese prägnanten Werte scheint es so, dass in einem Krankheitsfall ein reduziertes Arbeitspensum im Home Office für Viele eine hohe Relevanz aufzeigt und auch hierzulande Arbeitnehmer entlasten könnte.

© YouGov – Statista

Eine Gratwanderung zwischen Genesung und Arbeitsdruck

Dennoch ist es eine Gratwanderung zwischen Genesung und Arbeitsdruck trotz Krankheit im Home Office zu arbeiten. Wenn die Möglichkeit besteht, krank im Home Office zu arbeiten, erhöht sich der Druck auf die Arbeitnehmer automatisch. Bin ich wirklich so krank, dass ich in das Bett gehöre oder kann ich nicht noch ein paar Stunden im Home Office arbeiten? Solche Fragen könnten dem Erkrankten die Entscheidung schwer machen, sich auszuruhen. Schwierig wird es dann, wenn Chefs von Arbeitnehmern verlangen trotz eines Krankheitsfalls im Home Office zu arbeiten. Diese Entscheidung sollte ganz allein bei dem Erkrankten liegen.

Die Herausforderung liegt für Arbeitnehmer darin, die eigenen tatsächlichen Möglichkeiten trotz Infekt realistisch einzuschätzen. Es ist wichtig, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Erkrankungen ernst nehmen und die Genesung in den Vordergrund stellen. Wenn es den Personen möglich ist, eine passende Balance zu finden, könnte Home Office für Arbeitnehmer, die sich nicht hundertprozentig fit fühlen, tatsächlich eine Entlastung darstellen .

Was hältst du von der Debatte und wäre Home Office trotz Krankschreibung für dich eine Option?

Kommentare aus der Community

Marlene Bellon-Zimmer am 02.02.2021 um 12:47 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe Ihre Ausführungen mit Interesse gelesen.
Ich arbeite seit 2005 am gleichen Arbeitsplatz, seit 08/2017 noch 2-3 Tage/Woche (12-16 Stunden/Woche).
Ich bin fast 68 Jahre alt.
Nun, ich war jetzt auch mal 2 Wochen krank (Magen-/Darm, und Rücken verrenkt mit sehr starken Schmerzen).
In der 2. Woche veranlasste meine Chefin, dass mir die Arbeit nach Hause gebracht wurde. Ich hatte und habe nie eine Vertretung (Buchhaltung, online banking) und die Rechnungen waren dringend zu bezahlen.
So arbeitete ich trotz Krankenschein in der 2. Woche immer nur kurz an der mitgebrachten Arbeit.
Insgesamt jedoch 7 Stunden.
Sind das Überstunden, da man ja im Krankenschein krank ist? Wie sehen Sie das?
In der 3. Woche bin ich trotz immer noch vorhandener Schmerzen (mit Wärmepflaster) im Büro.
Ich hoffe, dass Sie in meinem Anliegen weiter helfen können.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
M. Bellon-Zimmer

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