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Spammer und Content-Langweiler sind am Ende: Online Marketing vom Kopf auf die Füße stellen?

Spammer und Content-Langweiler sind am Ende: Online Marketing vom Kopf auf die Füße stellen?

Andreas Wieland | 12.05.16

Content Marketing sei ein inhaltloses Buzzword. Die Diskussion um die Content-Lüge ist im vollen Gange. In wieweit ist Content Marketing wirklich etwas Neues? Ein Artikel von Samuel Scott sorgt für neuen Zündstoff.

Bereits im Februar 2016 stieß Jung-von-Matt CEO Thomas Strerath mit dem Stichwort „Content-Lüge“ die Diskussion an. Content Marketing sei überschätzt und funktioniere nur selten. Jetzt meldet sich eine weitere Stimme zu Wort: Thomas Scott, Keynote-Speaker und Marketing-Chef von Logz.io, spricht den Online Marketern jegliches Verständnis der Marketing-Grundlagen ab.

Die Argumente von Scott sind:

  • Content Marketing ist ein inhaltloses Buzzword.
  • Technisch orientierte Online Marketer kennen die wahre Basis des Marketings nicht.
  • Kreativität ist wichtig, nicht die Technik.
  • Online Marketer sollen Marketing von der Pike auf lernen.
  • Online Marketing ist nur eine Form des Direktmarketings.
  • Auf Markenbildung kommt es an.

Gehen wir seine Argumente einmal durch.

Content Marketing als Ausdruck einer Buzzword-Manie

Scott stellt die These auf, Content Marketing sei reines Buzzword-Bingo. So sei das Credo „Content is King“ eine hohle Phrase, denn alle Marketing-Botschaften basieren auf Inhalten. In der Tat ist Coppolas „Godfather“ kein „great piece of content“, sondern ein großartiger Kino-Film.

Dem ist zu entgegnen, dass die Content Marketing Diskussion in dem Moment aufkam, in dem Suchmaschinen immer mehr in der Lage waren, Content-Spam zu identifizieren. Fakt ist außerdem, dass hochwertiger Content nachweislich zu sehr guten Rankings in den Suchkanälen führt.

Technisch orientierte Online Marketer kennen die wahre Basis des Marketings nicht

Was ist laut Scott die Basis guten Marketings? Es ist die Botschaft, die den Empfänger berührt. Diese ist unabhängig vom Kommunikationskanal.

Es ist sicher richtig, dass viele Online Marketer eine gute Platzierung bei Google als das A und O betrachten. Konzepte wie der Story Circle 2.0 betonen dagegen die Bedeutung einer guten Story basierend auf den User-Präferenzen.

© Mirko Lange | talkabout.de,
© Mirko Lange | talkabout.de,

Nicht die Technik, sondern die Kreativität entscheidet

Scott hat sicherlich recht, wenn er die Bedeutung der Kreativität betont. Nur Kreativität führt zu Botschaften und Formaten, die neu, überraschend, zwingend und zugleich verkäuferisch sind. Nur Kreativität führt zu viralen Effekten, nicht die Technik.

Trotzdem: in der Szene wird fieberhaft nach den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz geforscht. Ein weiteres Beispiel sind die Content-Strategien von Netflix über Big Data. Und wenn ein Marketer wie Karl Kratz über raffinierte Konversions-Pfade nachdenkt, dann braucht der Marketer technisches Verständnis, um seinen Programmierern die Richtung zu weisen. Und gibt es nicht in der klassischen Werbung den Spruch: the medium is the message? Das Medium im Online Marketing ist nun einmal technisch.

Wer die Technik pauschal als irrelevant für Content-Produktion erachtet, könnte daher schnell ins Abseits geraten.

Die Online Marketer sollen Marketing von der Pike auf lernen

Jetzt zwingt uns Scott dazu, wieder die Schulbank zu drücken. Dabei holt er einen klassischen Bezugsrahmen hervor, nach dem sich Marketing an diverse Anspruchsgruppen richtet: Kunden, Regierung, Öffentlichkeit, Medien, Meinungsführer und Investoren.

Klassischer-Marketing-Bezugsrahmen

Auf der Kundenebene, so Scott, sei Online Marketing zum Bereich „Kommunikation“ im Rahmen der 4 Ps zu zählen. Sämtliche Online-Kanäle können den Bereichen Direkt-Marketing, Werbung, Verkauf, Verkaufsförderung und PR zugeordnet werden.

Eine Landingpage wäre demnach ein virtueller Verkäufer, der keine Formschwächen kennt und 24 Stunden zur Verfügung steht. Eine Freebie in Form eines kostenlosen Ebooks eine Verkaufsförderungsmaßnahme.

Demnach ist Content Marketing Wein in alten Schläuchen? Da ist sicher etwas dran. So kann Langes Story Circle 2.0 auch als Bezugsrahmen für strategisches Marketing bezeichnet werden oder der Spacejump von Felix Baumgartner als klassische PR-Kampagne und nicht als Content Marketing.

Doch auch Scotts klassischer Ansatz erscheint mir zu formalistisch. Marketing hat seine Wurzeln im Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt. Hier steht der Kunde im Mittelpunkt. Die Persona-Methode beispielsweise ist eine Technik, die bei guten Online Marketern hoch im Kurs steht und sich explizit auf die Kundenbedürfnisse konzentriert. Ein weiteres Beispiel ist die Bedeutung des Neuromarketings im Bereich der Conversions-Optimierung. Insofern kümmert sich die Online Marketing Elite sehr wohl um die wahren Wurzeln des Marketings.

Online Marketing als Form des Direktmarketing

Schließlich subsumiert Scott eine Vielzahl der Formen des Online Marketings unter das Label „Direktmarketing“ und dies sei von vorneherein spamverdächtig.

Richtig ist, dass Email-Marketing nervig sein kann, wenn irrelevante Botschaften die Email-Postfächer verstopfen. Aber nach wie vor gilt Email-Marketing als bedeutender Konversions-Kanal. Wenn du dich beispielsweise im Bereich „Heimwerken“ weiterbilden möchtest und eine Ratgeber-Serie eines Baumarktes als Email-Abo buchst, dann ist das nützliche Info für den User und kein Spam.

Wer wie Scott die Kommunikationsmöglichkeiten in den sozialen Medien als reines Direktmarketing begreift, verkennt die Besonderheiten der sozialen Kanäle. Denn Direktmarketing ist reine One-Way-Kommunikation, während die sozialen Medien den Dialog ermöglichen und Effekte produzieren, die der klassischen Werbung verschlossen bleiben. Eine Schock-Werbung à la Benetton in den 90er Jahren würde heute einen Shitstorm verursachen, während sie in den 90er Jahren „nur“ dazu führte, dass die Marke auf dem deutschen Markt beinahe untergegangen wäre.

Auf Markenbildung kommt es an

Scott empfiehlt technisch orientierten Online Marketern, die Grundlagen des Brandings zu erlernen.

Gute Online Marketer tun das bereits. Und sie sind realistisch genug, die Grenzen des Brandings zu erkennen. Denn über die sozialen Medien erkennen sie auf einmal, dass Branding kein Wunschkonzert der Unternehmer ist. Soziale Signale lassen sich wahrnehmen, kategorisieren und messen. Sie verlaufen im Falle eines Shitstorms in Richtungen, die auch ein klassischer Marketer nicht immer vorhersehen und steuern kann.

Fazit – schlechte Schüler verdienen oberlehrerhafte Kritik

Spammer, Content-Langweiler und Online Marketer mit reinem Kanaldenken verdienen Scotts oberlehrerhafte Schelte. Da wird ihm jeder gute Online Marketer zustimmen.

Problematisch sehe ich die Direktmarketing-These speziell in den sozialen Medien, da hier der Aspekt des Dialoges und möglicher viraler Effekte ausgeklammert wird. Hier verkennt er schlicht und einfach die Eigentümlichkeit der Online-Kanäle.Was nicht in sein klassisches Framework passt, das gibt es nicht, könnte Scotts Motto lauten.

Außerdem mutet es angesichts zweistelliger Wachstumsraten im E-Commerce befremdlich an, wenn er die Online Marketer als Marketing-Dummköpfe abstraft, nach dem Motto: die dümmsten Bauern haben die größten Kartoffeln.

Wie steht ihr zu den Thesen von Samuel Scott? Sein Beitrag auf techcrunch.com führt derzeit zu heißen Diskussionen. Wer möchte noch in den Disput einsteigen?

Quelle: Techcrunch

Kommentare aus der Community

tom am 15.05.2016 um 00:50 Uhr

Ich mag nicht jeder Sau hinterher rennen, die durch Dorf getrieben wird. Aber Scott kommt mir hier etwas altbacken vor. Warum alles über einen Kamm scheren und so einseitig betrachten? Oder gilt hier: was der Bauer nicht kennt isst er nicht? Das passt doch alles nicht zu der Agentur. Content Marketing kann spannend, mit hoher Relevanz und wirkungsvoll betrieben werden. Was sicher zutrifft: es wird zu hoch gelobt und irgendwie nennt sich jeder und alles „Content Marketing“.

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