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Nach der dmexco: an die Arbeit!

Nach der dmexco: an die Arbeit!

Ralf Scharnhorst | 19.09.14

Es gibt viel zu tun, also zurück an die Arbeit - Ralf Scharnhorst mit seiner To-Do-Liste nach der dmexco.

In meinen letzten drei Artikeln habe ich meiner Hassliebe für Messen freien Lauf gelassen. Ich liebe es, Hände zu schütteln, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Andererseits habe ich danach immer das Gefühl, ich müsste dringend mal wieder arbeiten. Fortschritt wird eben nicht dadurch erzielt, dass wir alle auf 6,8% Wachstum anstoßen.

Sondern: wir müssen zurück an die Arbeit. Wir müssen gemeinsam anpacken bei den Themen AdBlocker und Daten im internationalen Wettbewerb.

Die dmexco hat gezeigt: es gibt keine wirklich neuen großen Trends, aber wir haben die alten auch noch nicht abgearbeitet. Die Themen eignen sich also weniger für Vorträge mit tausenden im Publikum, die sich noch während des Vortrags panisch in Aktivität verfallen, um bloß nichts zu verpassen. Schnell einen Twitter-, Instagram- und Snapchat-Account anlegen – das war gestern.

Es ist eher die Phase der Lösungen im Detail, der kleinen Best-Practice-Workshops. Die dmexco als Veranstaltung kann nichts dafür, wenn die Aussteller keine Neuheiten mitbringen.

AdBlocker

Software, die Banner ausblendet, ist nichts neues – erinnert sich noch jemand an den Siemens Webwasher von 1998? Diese Erscheinungen blieben früher immer unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Das ist jetzt anders (detaillierte Zahlen bei t3n).

Es gab bislang einen unausgesprochenen Vertrag zwischen Inhalte-Produzent und User: Du bekommst den Inhalt gratis, dafür zeige ich Dir Werbung.

Hat sich die Werbung geändert? Leider nein. Sie ist nicht unterhaltsamer oder nützlicher geworden. Allerhöchtens etwas gezielter – im Sinne von stechend ins Auge durch Retargeting.

Hat sich der User geändert? Man kann darüber streiten, welche Interessen die Unternehmen hinter den AdBlockern verfolgen und ob einiges davon dem Geschäftsmodell ‚Erpressung‘ entspricht. Aber zuerst sollten wir uns fragen, weshalb die Nutzer sie installieren. Weshalb nervt Werbung in 2014 so viel mehr als 2012? Weshalb investieren in 2014 so viel mehr Menschen Mühen darin, Werbung abzuschalten?

 

Fragen wir den User

Falls jemand eine Befragung machen möchte – anzukreuzen wäre unter anderem:

  • weil schlecht gemachte Flash-Werbung den Rechner verlangsamt und den Browser zum Absturz bringt
  • weil es einfacher geworden ist – Browser-Plugins statt extra „Programmen“
  • weil ein User, der andere auf seinen Bildschirm blicken lässt, nicht im Banner zeigen will, welche Wäsche, Reiseziele oder Geschenke er sich zuletzt in Online-Shops angesehen hat. Werbung liefert selten Antworten – außer auf die Frage „ich weiß, was Du letzten Klick getan hast“.
  • weil sich niemand ausspioniert fühlen möchte. Im Zuge der Snowden-Enthüllungen hieß es „wer sich beobachtet fühlt, verhält sich anders“ – bekommen das nun die Online-Werber zu spüren?
  • weil die täglichen Nachrichten uns ein Bewusstsein dafür vermitteln hat, welche Daten wir von uns im Internet preisgeben? Und dass sich zwar Unternehmen an die (Datenschutz-) Gesetze halten mögen, sie aber von dem Gesetzgeber in den USA hintergangen werden, indem die Geheimdienste Daten bei Google, Facebook etc. anzapfen?
  • oder einfach weil die Werbung zu bunt und aufdringlich blinkt?

Soweit der Stand der Werbung 2014 im Browser. Das Internet ist längst aus dem Browser herausgewachsen. Die redaktionellen Inhalte tun es auch. Aber die Werbung?

Hier sind neue Standards gefragt. Die Verbände in langsamen Verhandlungen beschließen sollten – eher international als national. Weil das den Konsens von vielen erfordert, ist wahrscheinlicher, dass einzelne Unternehmen einfach eigene Standards etablieren – allen voran Facebook und Youtube.

Opt-in for the internet of things advertising

Wie kann Werbung dem Dilemma entkommen, dass sie jeden neuen Ast sägt, auf dem sie sitzt? Ist Opt-in, wie wir es von Werbe-e-Mails kennen, eine Lösung? Von wem, lieber User, möchtest Du Werbung erhalten? Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass mein neuer Kühlschrank mit 3D-Display erst dann den Betrieb aufnimmt, wenn ich mindestens fünf Marken genannt habe, von denen ich bereit bin, Werbung darauf zu sehen.

So explizit ist es schwer, implizit dagegen einfach: Facebook und Google haben den Wettbewerbsvorteil: sie kennen die Relevanz einer Marke für den User. Wenn Facebook mir in der App Werbung nur von Marken zeigt, die ich bereits geliked habe und Google auf dem Fernseher via Chromecast nur Werbung, die zu meinen letzten Sucheingaben passt, dann ist das wahrscheinlich weniger nervig.

Und da war sie wieder – die Macht der Daten und der amerikanischen Konzerne, die sie besitzen.

Die Zukunft des OVK

Auch die Online-Mediaplanung orientiert sich um vom Umfeld zu Daten: es wird wichtiger, wer der User ist und weniger wichtig, auf welcher Website er angetroffen wird. Das Umfeld haben die deutschen Publisher. Viele davon sind durch ihre Vermarkter im Online-Vermarkter-Kreis vertreten – die Gruppe im BVDW, die die dmexco initiiert hat. Die Daten haben US-amerikanische Player – bislang Google und Facebook, zunehmend auch Microsoft, Apple, ebay und Amazon.

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Der Online-Vermarkter-Kreis hat es durch beharrliches Gattungsmarketing geschafft, Online als Werbemedium fest im Mediamix der Werbungtreibenden in Deutschland zu verankern. Er steht aber vor zahlreichen Herausforderungen.

Die Brutto-Werbestatistik in Zusammenarbeit mit Nielsen erwies sich als nicht weiter durchführbar, weil Werbegelder durch so viele Hände flossen, dass sie mehrfach gezählt wurden, seit die nicht-exklusive Drittvermarktung Anteile gewonnen hat. Bei der derzeitigen Netto-Werbestatistik schätzen die OVK-Vermarkter ihren Marktanteil und rechnen daraus auf einen Gesamtmarkt hoch. Das wirft zwei Fragen auf: wie stark schrumpft der Marktanteil der OVK-Mitglieder und weshalb weist PWC das nicht aus? Denn mit bloßem Auge fällt auf: die am stärksten wachsenden Player im
Markt sind nicht OVK-Mitglied: Ströer, Google, Facebook und Amazon.

Die AGOF – deutsche Wertarbeit mit Innovationsbedarf

Der Verband der Werbungtreibenden OWM bemängelte erneut, dass sich „Gesamtkampagnen über alle digitalen Kanäle nur schwer planen lassen, weil einheitliche Metriken fehlen.“ Eine Hausaufgabe hat die AGOF mit der Zusammenlegung der Studien „Internet Facts“ und „Mobile Facts“ zu den „Digital Facts“ bereits erledigt und die neue Studie auf der dmexco vorgestellt.

Traditionell gibt es zwei Wege der Mediaplanung: Umfeld-orientiert und Zielgruppen-orientiert. Schon vor der AGOF haben wir auf Auto.de geworben, um Nutzer zu erreichen, die sich für Autos interessieren. Mit der AGOF kam die Zielgruppen-Planung: man wirft oben eine Zielgruppe in das Tool der AGOF und unten kommt eine Rangreihe heraus, auf welchen Sites man die Zielgruppe am besten erreicht. Das basiert unter anderem auf einer Stichprobe befragter Nutzer.

Google und Facebook lassen ihre Nutzer nicht von der AGOF befragen – sie wissen ja schon alles über sie. Facebook kennt den Geburtstag und Google praktisch jeden Klick, den ein User tätigt – viel präziser als Stichproben.

Dieser Wettbewerb und dazu die im Real-Time Advertising genutzten Daten sind die Herausforderungen für die AGOF, will sie relevant bleiben und ihre Akzeptanz bei den Werbungtreibenden und Mediaagenturen ausbauen.

Real-Time Advertising

Natürlich ist es der Mega-Trend: je mehr Daten wir haben, je effizienter können wir Werbung steuern. Jeder Anbieter wollte auf der dmexco etwas besonderes zeigen. Diese Vielfalt der Möglichkeiten führt oft zu Verwirrung und Zurückhaltung bei den Kunden.
Dabei geht der Einstieg in das datengetriebene Marketing in nur drei Schritten: eigene Daten sichten und nutzbar machen. Durch externe Daten ergänzen. Kampagne starten, messen und optimieren. Zugegeben: der Teufel steckt hier gelegentlich im Detail. Aber sonst wäre es ja langweilig und wir wären alle durch Algorithmen ersetzbar. Daher:

Es gibt viel zu tun, packen wir’s an – zurück an die Arbeit!

Und zwischendurch sehen wir uns auf den vielen etwas kleineren Veranstaltungen demnächst – wie beispielsweise den Data Days und der d3con, oder?

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