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Performance Marketing
Erstellung von dynamischen Attributionsmodellen – Jochen Schlosser und Florian Nottorf im Interview

Erstellung von dynamischen Attributionsmodellen – Jochen Schlosser und Florian Nottorf im Interview

Anton Priebe | 16.07.14

Jochen Schlosser, Uniquedigital, und Florian Nottorf, Adference, klären über die Vorteile und Hürden von dynamischer Attribution auf.

Attributions-Modelle sind weiterhin eines der am meistdiskutierten Themen in der Branche. Viele Anbieter versuchen sich an diesem Problem und viele Begriffe schwirren umher. Um ein wenig für Klärung zu sorgen, haben wir mit Jochen Schlosser, Uniquedigital, und Florian Nottorf, Adference, gesprochen. Beide Unternehmen bieten die datenbasierte Erstellung von dynamischen Attributionsmodellen an und verstehen wohl wie nur wenige im Markt die Probleme und Chancen rund um das Thema.

OnlineMarketing.de: Dynamisch, statisch und immer wieder das Thema Attribution, was macht ihr eigentlich anders als viele Konkurrenten?

Jochen Schlosser
Jochen Schlosser, Uniquedigital

Jochen Schlosser: Wir schauen uns nicht nur simple Statistiken – zum Beispiel „Häufigste Lead-Journeys“ – an, um dann eine Empfehlung für ein einfaches statisches Modell (wie Last-Click, Firsts-Click, U-Modell, Time-Decay usw.) zu geben. Wir nutzen konsequent alle Daten, um zu bewerten, welche Kontakte wirklich den Unterschied machen. Wir sprechen hier also nicht von Bauchentscheidungen basierend auf ein paar simplen Zahlen, sondern von „komplexer Statistik“. Wir berücksichtigen nicht nur Klicks, sondern auch Impressions, wir betrachten sowohl die erfolgreichen Journeys, als auch hunderte Millionen von nicht-erfolgreichen Journeys. Basierend auf diesem Schatz an historischen Daten bauen wir für jeden Kunden ein individuelles Attributionsmodell, welches jede einzelne Customer-Journey individuell betrachtet bewertet. Das ist etwas vollständig anderes, als im Rahmen eines Consultings Gewichte abzuleiten und in ein statisches Modell ins Management-Dashboard zu gießen.

Florian Nottorf: Das ist korrekt. Bei Adference beispielsweise haben wir in mehrjähriger Forschungsarbeit statistische Modelle entwickelt, die es ermöglichen, die „tatsächliche“ Werbewirkung der einzelnen Kanäle (übrigens bis auf unternehmensindividueller Entscheidungsebene) zu extrahieren. Das heißt, wir rechnen alle „Störgrößen“ oder sonstige Einflussgrößen (beispielsweise Rabattaktionen oder Saisonalität), die das Conversion-Verhalten der Kunden beeinflussen, heraus. Das ist schlichtweg nicht ohne viel Rechenpower möglich. Am Ende geht es darum zu bestimmen, welche Kampagnen besonders gut funktionieren und zum Beispiel viel Potential für die Neukundengewinnung bieten. Last-Cookie oder Badewannen-Modelle können dies schlichtweg nicht leisten.

Was sind aus eurer Sicht die größten Hürden im Kontext Attribution? Wieso sehen wir dann heute häufig immer noch den Last Click in der Praxis?

JS: Schlussendlich liegt dies an schlechter Synchronisation der Marketing-Kanäle und ausgeprägtem Silodenken. Nur wenige Werbetreibende nutzen die Möglichkeit ein ganzheitliches Trackingsystem über alle Kanäle aufzusetzen. Ohne ein solches Tracking kommt es immer wieder zu größeren Messabweichungen zum Beispiel durch Doppeltzählungen. Die kanalübergreifende Analyse der Daten ist somit extrem schwierig. Hier ist derzeit noch einiges an Zündstoff vergraben. In solchen Fällen ist bereits das Aufsetzen eines übergreifenden Trackings ein recht großer Aufwand und wird selten nachhaltig (über eine Projektphase hinaus) sichergestellt. Wir empfehlen, egal wie viele Agenturen und Kanäle bei einem Werbetreibendem eingesetzt werden, dass ein einheitliches Trackingsystem verwendet wird. Nur dann können Attributionsmodelle sicher in die Kampagnenplanung und die tägliche Optimierung überführt werden.

Florian Nottorf
Florian Nottorf, Adference

FN: Hier stimme ich Jochen hunderprozentig zu. Ganz nach dem Motto: „garbage in – garbage out!“. Ein einheitliches Tracking und ein sauberer Datenpool, der den Kunden von Anfang bis Ende seiner Journey begleitet, ist das A und O für die Ermittlung eines unternehmensspezifischen Attributionsmodells. Spannend wird es zudem, wenn uns die Werbetreibenden ihre zusätzlichen Datenschätze zur Verfügung stellen. Hier meine ich CRM Daten – also zum Beispiel die Unterscheidung der Käufe nach Neu- und Bestandskunden – oder die Hinzunahme von Offline-Werbekanälen wie Print oder TV. Mit diesen unternehmensindividuellen Datenschätzen können wir Attributionsmodelle erstellen und Handlungsempfehlungen ableiten, die standardisierte Modelle so noch nicht einmal ansatzweise bieten können.

Was sind die größten Überraschungen welche ihr im Rahmen eurer Modelle entdeckt habt?

JS: Es ist wirklich immer spannend zu sehen, wie sehr die bisherigen Kennzahlen, mit denen unsere Kunden arbeiten (beispielsweise CPL oder CPO), von unseren realistischen, bereinigten KPIs abweichen und wie schnell sich daraus ganz konkrete Handlungsanweisungen ableiten lassen. Dies liegt manchmal daran, dass zum Beispiel die Werbewirkung der Display-Views bisher komplett falsch bewertet worden ist, oder einzelne Affiliates ganz enorm überbewertet worden sind. Wirklich sehr spannend war zum Beispiel auch die Erkenntnis bei einem unserer Kunden, wie stark tatsächlich die gute alte Print-Werbung die Online-Werbekanäle in ihrer Wirkung unterstützt.

FN: Die Tatsache, dass Views unterschätzt werden, haben wir in verschiedenen Projekten, ebenfalls gesehen. Damit hatten die Kunden definitiv nicht gerechnet. Wir sehen auch, dass „Weisheiten“ wie „Retargeting als Abschlusskanal verliert an Bedeutung bei der Nutzung von Attributionsmodellen“ so nicht gelten. Die Art des Produkts, die Länge der Entscheidungsfindung und viele andere Faktoren können einen Einfluss haben. Bei „High-Involvement-Produkten“ hat sich die Anzahl an Sales des Kanals Retargeting teilweise sogar verdoppelt. Solche Insights liefern nur datengetriebene Modelle, diese sollten nur von Experten basierend auf sauberen Daten berechnet werden.

Was wünscht ihr euch für 2015 beziehungsweise die nächsten Jahre?

FN: Das Aufbrechen und Beenden des Silodenkens. Die Effizienz und Effektivität eines heutigen Cross-Channel-Marketingkonzepts kann nur richtig bewertet werden, wenn die beteiligten Parteien innerhalb eines Unternehmens verstehen, dass es sich hier um einen Mannschaftssport handelt. Jeder Marketingkanal ist ein Spieler in einer Mannschaft mit unterschiedlichen Aufgaben. Bei der Abstimmung und Aufstellung können wir unsere Kunden dank individueller Attributionsmodelle bestmöglich unterstützen.

JS: Das grundlegende Verständnis, dass der Last-Click die Realität der Entscheidungsfindung nicht korrekt abbildet, nicht nur auf Konferenzen wie der d3con diskutiert und anerkannt wird, sondern sich endlich in der Praxis durchsetzt. Das Potential ist groß und wir haben mehrfach bereits Performancesteigerungen von bis zu 20 Prozent über die Online-Kanäle für unsere Kunden realisieren können. Wie heißt es so schön: Es lohnt sich, packen wir es an! 

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