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Digitalpolitik
Artikel 13 kommt: EU-Parlament stimmt für Urheberrechtsreform

Artikel 13 kommt: EU-Parlament stimmt für Urheberrechtsreform

Niklas Lewanczik | 26.03.19

Die große Entscheidung über die EU-Urheberrechtsreform ist getroffen. Sie wurde angenommen und kritisch begrüßt. Artikel 13 und all seine Folgen kommen auf uns zu.

Im entscheidenden Moment waren die EU Server down. Vielleicht war es besser so, denn die EU-Urheberrechtsreform mitsamt Artikel 13, gegen den hunderttausende demonstriert, gegen den Millionen eine Petition unterschrieben hatten und der für großen Unmut in der gesamten Digitalgemeinde sorgt, wurde angenommen. Auch der als Linksteuer titulierte Artikel 11 ist somit beschlossen. Kurz vor der Europawahl hat die EU gerade den digital-affinen, oft jungen Wählern damit ein schlechtes Zeichen gesendet.

Artikel 13 nicht mehr aufzuhalten – höchstens auf Bundesebene

Nach langem Hin und Her wurde die EU-Urheberrechtsreform heute im Parlament endgültig beschlossen. Nun können Gegner und Kritiker – zu denen nicht nur Politikerinnen wie die engagierte Julia Reda zählen, sondern auch digitale Größen wie Wikipedia oder YouTube – nur hoffen, dass auf nationaler Ebene Einwände erhoben werden.

Mit 74 Stimmen Mehrheit hat die EU schließlich den Vorschlag zur Urheberrechtsreform angenommen. 348 Abgeordnete stimmten dafür, 274 dagegen.

Da Axel Voss und insbesondere die CDU/CSU ihren Anteil am Erfolg der Reform hatten, dürften die Parteien bei der anstehenden Europawahl am 26. Mai schlechte Karten haben, wenn es darum geht, die Menschen für sich zu gewinnen, denen ein freies und demokratisches Internet am Herzen liegt. Junge Menschen hatten in den vergangenen Wochen heftig protestiert, damit vor allem Artikel 13 – inzwischen Artikel 17 –, wenngleich inzwischen mit einem minimalen Kompromiss belegt, keinen Eingang in ein reformiertes Urheberrecht erhält.

Selbst Änderungsanträge wurden mit einer Mehrheit von fünf Stimmen in der entscheidenden Abstimmung abgelehnt.

Welch weitreichende Folgen mit Artikel 13 auf die Nutzer und Unternehmen im Digitalraum zukommen, könnt ihr in unserem ausführlichen Beitrag zum Buzzword Artikel 13 nachlesen. Dabei sind die Bestimmungen aus dem Artikel 13 nun unter Artikel 17 zu finden.

Wie geht es weiter?

Bis zur Europawahl, die vom 23. bis zum 26. Mai in Europa stattfindet, wird die Reform wohl inkrafttreten. Dazu bedarf es noch einmal einer Zustimmung der EU-Staaten – diese könnte am 9. April erfolgen – die jedoch im Vorwege schon kein Problem dargestellt hatte. Einzelne Artikel könnten im Zweifelsfall noch verhandelt werden; die Aussicht darauf ist aber weniger günstig, als man annehmen könnte. Immerhin wurde die Reform trotz all der Gegenstimmen der Experten, trotz riesiger Demonstrationen nur zum Wohle einiger weniger angenommen.

Jetzt ist es Zeit, dass die Internetgemeinde darstellt, warum die Reform in ihrer jetzigen Form vielmehr zur Gefahr für ein freiheitliches Internet wird.

Im globalen Konkurrenzkampf um digitale Vorherrschaft hat sich Europa hinter Asien und den USA deutlich ins Hintertreffen gebracht. Wir erwarten mit Spannung Äußerungen der betreffenden Politiker und Stellungnahmen der Bundesregierung. Was nun auf uns zukommt, können wir an den Bestimmungen der Direktive ablesen, aber in seinem Ausmaß sicher noch nicht erfassen.

Kritik und Widerstand en masse

Unmittelbar nach der Entscheidung wurde zahlreiche Reaktionen darauf publik gemacht. Auch der BVDW verurteilt den Beschluss der EU.

Die EU hat eine Grenze überschritten und greift in einen Bereich ein, den sie niemals hätte tangieren dürfen: Die Meinungsfreiheit,

betont Präsident Matthias Wahl.

Es ist unstrittig, dass wir für die EU dringend ein modernes Urheberrecht brauchen, das den heutigen Anforderungen gerecht wird. Im Großen und Ganzen ist die heute verabschiedete Richtlinie dafür eine solide Basis. Mit der Upload-Filter-Regelung aber untergräbt die EU die Werte, für die wir als Staatengemeinschaft in Europa seit jeher einstehen. Die Meinungsfreiheit ist gerade in schwierigen politischen Zeiten das höchste Gut, das nun einer Urheberrechtsregulierung untergeordnet wird. Das ist eine besorgniserregende Tendenz der Politik.

Zwar brauche es einen Schutz für Urheber; doch die Bestimmungen aus nunmehr Artikel 17 entbehrten jeder Verhältnismäßigkeit. Zudem sei es absurd, dass Politiker der Union im Parlament für die Reform und Artikel 17 stimmen, so interne Maßgaben, allerdings bei der Umsetzung desselben in Deutschland ein Veto einlegen sollten.

Abgesehen davon, dass ein solches Vorgehen der europäischen Idee der Politik grundlegend widerspricht, eine Abstimmung nur pro forma durchzuführen, nur um das Ergebnis in der nationalen Gesetzgebung anschließend zu ignorieren, verkennt dieser Ansatz die Gesetzmäßigkeiten des digitalisierten Europas: Für europaweit agierende Plattformbetreiber gilt die Gesetzgebung des Landes, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, und die deutsche Umsetzung der Richtlinie dürfte für viele daher vollkommen irrelevant sein.

Wie genau sich Artikel 17 nun in seiner Wirkung manifestieren wird, kann nicht mal der Mit-Initiator Axel Voss deutlich darlegen. Er spricht eher davon, dass es dazu kommen kann, dass die Meinungsfreiheit per se sogar beschnitten werden könnte.

Der Widerstand, Unmut und Unglauben bricht sich derweil in Social Media Bahn.

Vielleicht merkt die Bundesregierung nun auch, dass der Allgemeinheit kein Gefallen getan wird, sollte die Reform inkrafttreten. Zieht sie ihre Einwilligung zurück, wäre dieser Prozess zunächst wieder gestoppt. Davon darf aufgrund der bisherigen Erfahrungen jedoch nicht ausgegangen werden. Zu einem Politikum ist die Debatte um die Reform ohnehin längst geworden. Die CDU/CSU stimmte fast komplett für die Einführung, bei der SPD war kein Abgeordneter dafür.

Wir informieren mit Updates, sobald sich neue Erkenntnisse ergeben.

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