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Social Media Marketing
Bei aufziehendem Shitstorm: So manövrierst du deine Marke aus der Krise

Bei aufziehendem Shitstorm: So manövrierst du deine Marke aus der Krise

Tina Bauer | 31.01.16

Ein Shitstorm bricht manchmal schneller aus, als man auf den Sendebutton drücken kann. Es gibt durchaus Wege, diese Krisen professionell zu meistern - wir zeigen euch, was ihr dabei falsch machen könnt und wie ihr es richtig angeht.

Soziale Medien haben die Interaktion zwischen Unternehmen und Konsumenten von Grund auf revolutioniert und eine neue Kommunikationskultur hervorgebracht. Nicht nur am aktuellen Beispiel Felix Baumgartners zeigt sich, wie wichtig es ist über ein durchdachtes Krisenmanagement zu verfügen, bei dem trotz negativer Kommentare kein Raum für spontane Entgleisungen existiert. Denn der größte Nährboden für einen Shitstorm sind Impulsivität und Aktionismus.

Die Regeln der sozialen Kommunikation für Marken bei Negativkommentaren

Es ist nur menschlich, auf verbale Angriffe reagieren und sich verteidigen zu wollen. Als Marke oder Unternehmen aber sollte man die Finger von derlei Reaktionen lassen, denn am Ende wirkt es sich allzu häufig negativ auf das Image aus. Der gemeine User aber kann sich auf seiner Anonymität ausruhen und zusehen, wie du in dein Verderben läufst. Wir haben einige Tipps für dich, wie du mit negativen Kommentaren umgehst und dabei Stil bewahrst.

Das Beispiel des noch brühwarmen Falls Baumgartner, der genau genommen auch eine Marke ist, ist ein glänzendes Beispiel für ein Social Media (Krisen-)Management, wie es nicht aussehen sollte, denn es sind alle Zutaten für einen ordentlichen Shitstorm-Ausbruch vorhanden:

  1. Das Äußern der privaten (politischen) Ansicht
  2. Das Verteidigen der privaten (politischen) Ansicht
  3. Das Löschen von kritischen Kommentaren
  4. Das Ignorieren von Kommentaren
  5. Das Sperren von kritischen Usern
  6. Ein nicht vorhandenes professionelles Social Media Management

Der tiefe Fall des jüngsten Red Bull-Flaggschiffs

Baumgartner, der schon kurz nach seinem medienwirksamen Sprung aus der Stratosphäre Schlagzeilen mit frauenverachtenden Fotos machte, sollte eigentlich dazugelernt haben. Dass kein Lerneffekt vorhanden war, zeigt sich an einem Facebook-Post aus dieser Woche:

fbaumgartner

Nun hat er dieses zweifellos unangebrachte Bild auf seiner Timeline gepostet und die ohnehin zwiegespaltene Community endgültig entfesselt. Zwischenzeitlich existierten mehr als 5.000 Kommentare, und auch Satiriker Jan Böhmermann hat sich eingeschaltet:

boehmermann

Derweil hat sich Baumgartner nicht geziert in den Kommentaren einmal richtig aufzuräumen und kritische Kommentare großzügig zu eliminieren. Nachdem die Arbeit in den Kommentaren getan war, war offenbar genug Zeit übrig, nochmal mit einem offenen Brief aufzuwarten, der die ganze Sache nicht gerade in einem besseren Licht da stehen lässt, sondern die politische Ansicht sogar unterstreicht. Und Kritiker wie Böhmermann wurden überdies für die Seite gesperrt. Riesenfehler. Die sozialen Netzwerke sind heißgelaufen, #Baumgartner war zeitweise Trending auf Twitter und hat es in den Folgetagen sogar in die Schlagzeilen geschafft. Allerdings: Nicht gerade die Art von Aufmerksamkeit, die man sich als Marke wünscht.

Jeder darf seine politische Meinung haben, sie aber als Person des öffentlichen Lebens, Marke oder Unternehmen zu vertreten, geht allzu oft nach hinten los. Natürlich konnten wir einen immensen Zuwachs an Followern auf Baumgartners Profil verzeichnen. Aber mal ehrlich: Welche Fanpage freut sich über einen wahnsinnigen Rechtsruck bei seiner Followerschaft? Seriöse Unternehmen verfolgen dieses Ziel in aller Regel kaum.

Neben jeder Menge neuer Fans, deren Gesinnung bei dem einen oder anderen ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend auslöst, dürfte er auch negative Konsequenzen seine Werbedeals mit Red Bull betreffend zu erwarten haben. Der Getränkehersteller hat sich bislang allerdings bedeckt gehalten – glücklich dürften sie über den PR-Stunt ihres Zugpferdes jedoch nicht sein.

Learning: Marken und Unternehmen sollten unbedingt Abstand von Posts zu waghalsigen politischen Ansichten nehmen.

Die Geissens und ihr Slum-Urlaub

Der Carmen Geiss ihr Lieblingspräsentationsmedium ist wohl Facebook. Dort postet sie im Überfluss Bilder aus Luxusurlauben und einem Leben ohne Geldsorgen. Mit einem Foto aus den südamerikanischen Slums erregte sie kürzlich Aufsehen:

carmen-Geiss

Daraufhin hagelte es Kritik. Seither postet sie eine verzweifelte Stellungnahme und Entschuldigung nach der anderen, um sich wieder ins rechte Licht zu rücken, kommt aus dem Shitstorm aber nicht mehr so recht heraus. Personen des öffentlichen Lebens, die eine Reality-TV-Show haben, bei der es sich um ihren unermesslichen Reichtum dreht und ihr High Society-Leben dokumentiert, sollten auf bessere Ideen kommen als sich lapidar bei der Community zu entschuldigen. Eine Entschuldigung allein reicht nicht aus und deutet eher darauf hin, dass der Betroffene die Thematik nicht richtig ernst nimmt. Soziales Engagement etwa sollte man wenigstens erwarten können, bei einem solchen Fehltritt. Auch hier wäre ein professionelles Management angebracht, das Ahnung von der Materie hat und Wogen glätten kann.

Learning: Fehler passieren. In diesem Fall wäre weniger reden und dafür mehr tun allerdings angebrachter und würde die aufgeregte Menge vermutlich auch schnell ruhig stellen.

Die True Fruits Feminismus-Veganismus-Affäre

Mit seinem Smoothie White machte Fruchtschlürfbrei-Hersteller True Fruits sich vor knapp einem Jahr keine großen Freunde in der feministisch-veganen Ecke:

true-fruits

Diese empörten sich über den sexistischen Stempel und der Shitstorm nahm seinen Lauf. Wir haben ja bereits gelernt, dass es hilfreich ist, in solchen Situationen mit den vorhandenen Mitteln zu deeskalieren und nicht etwa die Konfrontation zu suchen. Bei True Fruits entschied man anders und punktete damit bei seinen Fans:

Wir haben die Kommentare wahrgenommen und sie als völlig hirnrissigen Pseudo-Moralapostel-Bullshit eingestuft und nach langem Lachen entschieden, dass auch nur der Hauch einer ernsthaften Antwort die völlige Verschwendung wertvoller Lebensenergie wäre. Daher der kurze Rat an alle Jammerlappen: Wenn es euch nicht gefällt, geht! Aber erspart uns Euer Geseier, denn wir stehen total auf diesem Humor!

Wie das funktioniert? Das Smoothie-Unternehmen ist für sein freches Marketing bekannt und ist seinem Stil bei der Antwort treu geblieben. Die ohnehin von der feministisch-veganen Bewegung genervte Netzgemeinde feierte das Unternehmen auf Twitter unter dem Hashtag #schluckimdunkeln – True Fruits bewies Rückgrat und das kam gut an. Dieser Shitstorm hat sich letzen Endes also positiv auf das Markenimage ausgewirkt, weil es True Fruits gelang, die Oberhand zu behalten und seine Meinung für diese Thematik angemessen zu vertreten.

Learning: Ein professionelles Social Media Management kann jeden Shitstorm drehen!

Professionelles Handeln bei totaler Shitstormgefahr

Weiter oben haben wir gezeigt, wie du bei einem Shitstorm keine Wogen glättest: Kommentare löschen, ignorieren und User sperren sind ein No Go. Denn würden unglückliche Konsumenten bei deinem Kundenservice anrufen, würdest du diese Alternativen vermutlich auch nicht wählen. Einige bewährte Lösungsvorschläge:

#1 Freundlich antworten

Bei einem Angriff kommt man schnell in Versuchung seine guten Manieren an der Tür abzugeben und ebenfalls beleidigt zu entgegnen. Hier solltest du das Internet lieber ein Stündchen ausschalten, frische Luft schnappen und cool bleiben, um eine freundliche Antwort zu verfassen, die sich nicht wie Öl über Feuer ergießt.

#2 Schlagfertig antworten

Abhängig von der Situation reagieren viele Unternehmen in jüngster Vergangenheit mit Schlagfertigkeit – man denke an die Facebook-Kommentare der WELT, die als erstes damit begonnen haben, auf Hasskommentare mit Witz zu antworten und sich damit viele Freunde gemacht haben.

#3 Entschuldigen & Problem lösen

Viele Unternehmen entschuldigen sich ausladend, vergessen dabei aber einen Vorschlag zur Lösung des Problems, so dass die Entschuldigung ungehört verpufft. Du kannst dich bei deinem Publikum schon entschuldigen, dies sollte dann aber damit einhergehen, deine Kunden wieder glücklich zu machen. Denn eine simple Entschuldigung allein ist nichts wert.

#4 Kommentare löschen (Vorsicht: Nicht ratsam!)

Ja, auch dies ist eine gangbare Alternative, sollte aber ausschließlich mit Bedacht zum Einsatz kommen, denn alles andere macht – bewiesenermaßen – den Shitstorm nur noch schlimmer. Kritische Kommentare sollten nicht gelöscht werden, hier geht es eher um diskriminierende. In letzter Zeit aber behalten sich verschiedene Publisher vor, solche Beiträge und die Namen der Urheber öffentlich an den Pranger zu stellen. Vorsicht damit: Das kann den Mob auf den Plan rufen und sollte nur mit äußerst erfahrenen Social Media Managern in der Hinterhand gewagt werden. User mit fragwürdigen politischen Ansichten dürfen aber durchaus auch gesperrt werden.

Allheilmittel: Besonnen und cool bleiben, durchdacht und authentisch handeln. Abwägen und Humor in den richtigen Situationen beweisen.

Fazit

Du musst dabei aber abwägen, welches Mittel der Wahl am ehesten zu deiner Marke passt. In jedem Fall ist zu konstatieren, dass Marken, die sich in sozialen Medien auf Zickereien und Kleinkriege einlassen, mit Sicherheit über kein professionelles Social Media Management verfügen und diese Tatsache schnellstens ändern sollten. Gibt es dafür keine Ressourcen, sollte zumindest eine Strategie für Krisenmanagement ins Leben gerufen werden. Die jüngsten zu beobachtenden Shitstorms haben gezeigt, dass der gute alte Spruch „Bad PR is good PR“ sich nicht oft bewahrheitet und Unternehmen sich auf den frischen Wind, den soziale Medien mit sich gebracht haben, einstellen müssen. Denn nichts ist schlimmer als eine falsche Reaktion auf Negativkommentare: Am Ende leidet unglücklicherweise allzu oft der Ruf der Marke, nicht der des anonymen Mobs.

Kommentare aus der Community

Dr. Christian Salzborn am 02.02.2016 um 07:46 Uhr

Hallo Frau Bauer,

danke für den tollen Beitrag, der sehr gut die durchaus unprofessionellen Reaktionen der Adressaten des Sturms verdeutlicht. Jedoch vermisse ich eine klarere Trennung zwischen Shitstorms gegen Personen und Unternehmen; das wird hier vermengt. Im Detail kommt man so aber nicht zum Ziel. Unternehmen haben ganz andere Möglichkeiten, gegen den Sturm anzugehen (Stichwort Krisenmanagement). Personen fehlt dies meist. Ebenso hat der Shitstorm gegen Menschen meist noch eine psychologische Komponente, die gar nicht richtig erforscht ist. Weiterführend verweise ich gerne auf meine Doktorarbeit zum Thema und stehe für Nachfragen zur Verfügung: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2015/1110/

Viele Grüße
CS

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Tina Bauer am 02.02.2016 um 10:03 Uhr

Hallo Herr Salzborn,

Vielen Dank für den Kommentar! Sie haben recht, natürlich sind Personen und Unternehmen nicht zu vergleichen. Die genannten Personen aber sind ebenfalls Marken, die zwar unter ihrem Namen auftreten, die Beiträge aber als die Marke, als die sich sich etabliert haben, veröffentlichen und ihre Profile daher auch zum Marketing nutzen. Diese Personen, Baumgartner und Geiss etwa, aber auch Till Schweiger von Zeit zu Zeit, haben offenbar kein Management in der Hinterhand, das sie vor solchen Stunts bewahrt und Situationen drehen kann. Die obigen Beispiele von „echten“ Personen zeigen leider, dass ein unprofessionelles Auftreten in sozialen Netzwerken ein waghalsiges Unternehmen ist.

Danke auch für den Link zur Doktorarbeit, ein sehr spannendes Thema.

VG,

Tina Bauer

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Clemens Lotze am 31.01.2016 um 19:06 Uhr

Bravo! Guter Artikel, der das Wesentliche bereits nennt. Unternehmen, die das vorgeschlagene Instrumentarium nutzen, können zumindest nicht total in die „Shitstorm-Falle“ laufen.
Für mich ist vor allem das Fazit sehr wichtig, welches auch lauten könnte: „Professionelle Vorbereitung ist der halbe Gewinn!“
Zu einer sehr guten Strategie gehören exakte, authentische Handlungsanweisungen, Vorlagen, „Kompetenzregelungen der kleinsten Wege“, Rückendeckung und praktisches Training!

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