Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Cases
Netflix und das Werbemodell: Mit Google, NBCUniversal oder The Trade Desk?

Netflix und das Werbemodell: Mit Google, NBCUniversal oder The Trade Desk?

Niklas Lewanczik | 27.06.22

Der Streaming-Dienst möchte möglichst schnell ein günstigeres Abo launchen, das durch Werbung finanziert wird. Die passenden Adtech-Partner:innen würden gern mitverdienen.

Verschiedene Werbeunternehmen buhlen darum, Netflix bei dem schon für Ende 2022 geplanten werbegestützten Abonnementmodell als Partner:in zur Seite zu stehen. Der Streaming-Dienst kämpft um zahlende Nutzer:innen und Watchtime und möchte mithilfe eines günstigeren Angebots neue Abonnent:innen gewinnen – die dann allerdings Werbung dulden müssten. Dabei ist die Entwicklung des Werbemodells noch nicht in vollem Gange, denn zunächst muss geklärt werden, welches Unternehmen die Ad-Ausspielung auf der populären Entertainment-Plattform realisiert. Insbesondere Alphabets Google und Comcasts NBCUniversal stehen im Fokus. Auch eine eigene Vermarktungsstrategie ist eine Alternative.

Probleme für den Streaming-Primus

Für Netflix wird der Konkurrenzkampf, auch in Deutschland, immer härter. Anfang des Jahres musste die Plattform einen User-Rückgang hinnehmen und prognostizierte für das laufende Quartal weitere Verluste von Nutzer:innen. Jüngst entließ das Unternehmen sogar hunderte Mitarbeiter:innen. Darüber hinaus musste Netflix laut Zahlen von JustWatch zuletzt in Deutschland Platz eins in Sachen Marktanteile an Amazon Prime Video abtreten. Und auch Disney+ holt immer weiter auf. Der Streaming-Dienst der Walt Disney Company konnte Anfang 2022 weltweit 129,8 Millionen zahlende User aufweisen – Tendenz steigend, da Serien wie Obi-Wan Kenobi für Furore sorgen. Ab Ende 2022 wird es in Europa sogar noch mehr Konkurrenz für Netflix geben. Neben Apple TV+, Sky, Disney+, Amazon Prime Video, RTL+ und Co. wird dann auch Paramount+ zur Verfügung stehen. Demnach haben User noch mehr Auswahl und können auf teilweise günstigere Streaming-Dienste als Netflix zurückgreifen.

Werbung als Lösung?

Eine Möglichkeit, um einem Nutzer:innenschwund aufgrund hoher Preise und starker Konkurrenz vorzubeugen, besteht in der Einführung eines werbefinanzierten, günstigeren Abonnements. Dementsprechend erklärte CEO Reed Hastings, der sich lange gegen Werbung auf Netflix gesträubt hatte:

Those who have followed Netflix know that I have been against the complexity of advertising and a big fan of the simplicity of subscription. But as much as I am a fan of that, I am a bigger fan of consumer choice, and allowing consumers who would like to have a lower price and are advertising-tolerant to get what they want makes a lot of sense. That’s something we’re looking at now, we’re trying to figure out over the next year or two. But think of us as quite open to offering even lower prices with advertising as a consumer choice.

In einer Notiz an das Netflix-Personal wurde jüngst verdeutlicht, dass ein werbegestütztes Modell möglichst schnell eingeführt werden soll. Darin steht auch:

Every major streaming company excluding Apple has or has announced an ad-supported service. For good reason, people want lower-priced options.

Diese Annahme wird durch ein weiteres Problem von Netflix bestätigt. Das Unternehmen erreicht nach eigenen Angaben 100 Millionen Haushalte, die via Account Sharing auf den Dienst zugreifen. Dieser Umstand erschwert das Wachstum. Darum wurden im März bereits erste Paid Sharing Features veröffentlicht. Greg Peters, COO von Netflix, erklärte dazu im Earnings Call:

So if you’ve got a sister, let’s say, that’s living in a different city — you want to share Netflix with her, that’s great. We’re not trying to shut down that sharing, but we’re going to ask you to pay a bit more to be able to share with her.

An der Durchsetzung des Features, das momentan in Südamerika getestet wird, hapert es jedoch noch.

Großes Potential für Werbepartner:innen und Marken: Netflix und die Ads

Um das neue günstigere und werbegestützte Abonnementmodell nun möglichst schnell launchen zu können, verhandelt Netflix mit verschiedenen Unternehmen, die Videowerbung anbieten. Als Favorit:innen auf die Unterstützung gelten laut dem Wall Street Journal Google und NBCUniversal. Ein Unternehmen, das hinsichtlich der Einbindung von Videowerbung mit Netflix kooperiert, könnte eine Werbeprovision und exklusive Zusicherungen für die Werbeunterstützung erhalten.
Das Videowerbeportal FreeWheel gehört ebenso wie NBCUniversal zu Comcast und bietet eine Option, Alphabets Google wiederum kann mit der eigenen YouTube-Expertise aufwarten. Zudem ist Netflix auch Werbekund:in bei Google, wie Heise berichtet. Nach Informationen von Bloomberg sind aber auch Magnite und The Trade Desk sowie womöglich diverse weitere Adtech-Unternehmen weiterhin im Rennen. Als Supply Side Platform könnten Google oder Comcast selbst dienen, es könnte aber auch zu einer Kombination von verschiedenen Anbieter:innen kommen.

Laut Lightreading.com könnte Netflix jedoch auch eine eigene Werbevermarktung etablieren. Dazu müsste das Unternehmen die notwendige Technologie einkaufen und ein entsprechendes Team aufbauen. Diese Option scheint derzeit eher eine Folgelösung für den Streaming-Dienst zu sein. Ted Sarandos, Co-CEO und Chief Content Officer von Netflix, erklärte kürzlich in Cannes:

We’ve left a big customer segment off the table, which is people who say: ‘Hey, Netflix is too expensive for me and I don’t mind advertising‘.

Noch ist allerdings nicht ganz klar, wie die Werbung auf der Plattform im Detail aussehen wird. Vorstellbar sind Pre-Roll Ads vor Filmen und Folgen von Serien oder sogar Mid-Roll Ads. Ob es auch Werbung ohne Bewegtbild, etwa Banner auf der Startseite oder Einblendungen in bestimmten Sektionen wie Kategorieseiten oder im Bereich „Voll im Trend“ geben wird, ist noch offen. Die am Netflix-Werbemodell Interessierten müssten es womöglich einfach auf einen Test ankommen lassen. Bis Ende 2022 dürfte der Streaming-Dienst aber noch mehr Informationen zum Modell preisgeben.

Kommentare aus der Community

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*
*